Welche Voraussetzungen und Anforderungen haben Logistikunternehmen in Deutschland an das Laden batterieelektrischer Lkw?

Die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ist eine zentrale Voraussetzung für die Adoption und Nutzung batterieelektrischer Lkw durch Logistikunternehmen. Zu den Bedarfen der verschiedenen Unternehmen in diesem sehr heterogenen Sektor besteht jedoch noch Forschungsbedarf. Die im Projekt »HoLa – Hochleistungsladen Lkw-Fernverkehr« entstandene, vorliegende neue Studie des Fraunhofer ISI beschäftigt sich daher sowohl mit den Voraussetzungen für das Laden, die sich aus dem täglichen Geschäft der Logistikunternehmen ergeben, als auch mit den Anforderungen, die diese Unternehmen noch unerfüllt sehen. Die Perspektiven der Unternehmen wurden direkt über eine deutschlandweite Umfrage sowie vertiefende Interviews gewonnen. Vollständige Daten lagen für 50 Logistikunternehmen aus verschiedenen Branchen vor, und wurden mittels sechs weiterführender Interviews mit einer Teilgruppe der Befragten weiter vertieft.

Die ausführlichen Ergebnisse der Studie veröffentlicht das Fraunhofer ISI im neuesten HoLa Working Paper “Requirements of German logistics companies for charging battery-electric trucks: Results of a combined survey and interview study”. Der nachfolgende Text bietet einen Einblick in die Ergebnisse. Weiterführende Informationen finden sich unter dem am Ende der Seite eingebetteten Link zur Vollversion des Working Papers.

Bieten die aktuellen Tourenmerkmale und Parkplatzsituationen Möglichkeiten zum Aufladen?

Die Ergebnisse zeigen, dass internationale und europäische Langstreckenfahrten tendenziell weniger planbar sind, während kürzere Strecken regelmäßiger und planbarer sind. Aber auch regionale Fahrten können stark variieren, und eine hohe Regelmäßigkeit und Planbarkeit ist eher selten und gilt nur für den Stadt- und Regionalverkehr. Die durchschnittliche Gesamtparkzeit der Lkw beträgt 11 Stunden pro Tag und schwankt bei den meisten Unternehmen zwischen 4,5 und 12 Stunden. Die längste zusammenhängende Parkzeit der Fahrzeuge der meisten Unternehmen schwankt zwischen 9 und 12 Stunden.

Wo werden die längsten Parkzeiten und gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen verbracht?

Die Lkw halten während ihrer längsten zusammenhängenden Parkzeit eher auf Privatgrundstücken als auf öffentlichen Plätzen. Hierbei dominieren firmeneigene Grundstücke, und insbesondere die Fahrzeuge, die nur tagsüber eingesetzt werden oder die von längeren Fahrten zurückkehren, bleiben die ganze Nacht. Öffentliche Plätze werden jedoch auch weiterhin stark frequentiert und stellen für mehr als ein Drittel der Unternehmen den Ort dar, an dem die längste Parkzeit verbracht wird. Dies unterstreicht den Bedarf an Ladestationen mit eher geringer Leistung an beiden Standorten, privat und öffentlich. Wenn Lkw öffentliche Parkplätze nutzen, werden unabhängig vom Nutzungsprofil Rastplätze, Parkplätze am Straßenrand und unbewirtschaftete Parkplätze am häufigsten frequentiert.

Die überwiegende Mehrheit der Lkw legt die gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen an einem öffentlichen Platz ein. Auf Langstreckenfahrten werden diese Pausen überwiegend an öffentlichen Orten wie Autohöfen oder in Industriegebieten verbracht. Privatgrundstücke von Kunden werden seltener genutzt, aber häufiger als unbewirtschaftete öffentliche Parkplätze. Die Befragten wiesen darauf hin, wie wichtig es ist, im öffentlichen Raum verbrachte Lenkpausen und zukünftig Ladevorgänge strategisch zur Deckung ihres Bedarfs nutzen zu können. Dies betraf zum einen die konkreten Standorte der Ladeinfrastruktur. Ein Befragter wies darauf hin, dass der Standort weit genug von den wichtigsten Zielen entfernt sein müsse, um durch ein Nachladen die verbleibenden Entfernungen überbrücken zu können. Andererseits wurde die Bedeutung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Infrastruktur erwähnt - was durch die Forderung der Befragten, ein Reservierungssystem einzuführen, veranschaulicht wurde. Für den öffentlichen Standort wurde der Fahrer als Schlüsselfaktor genannt. Um gute und sichere Bedingungen während der Rastzeiten zu gewährleisten, wiesen die Befragten darauf hin, wie wichtig es ist, dass sich in der Nähe des Ladeortes entsprechende Annehmlichkeiten und Pauseneinrichtungen, z. B. für Lebensmittel und Hygiene, befinden. Wichtig war den Befragten auch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Differenzierung oder Überschneidung zwischen Lenkpausen und Ladevorgängen geklärt werden. Aktuell ist eine Unterbrechung der Pause durch fahrzeugbezogenen Tätigkeiten nicht vorgesehen und die Befragten erhoffen sich von einer Klärung der entsprechenden Rahmenbedingungen eine Orientierung für ihre Abläufe.

Wartezeiten und Güterbe- und Entladung beim Kunden bieten Potenzial für zeitgleiche Ladevorgänge

Das Aufladen beim Kunden wurde für alle Tourentypen als hilfreich erachtet, aber am relevantesten für Touren mit mehreren Stopps, die über den städtischen und regionalen Vertrieb hinausgehen und dazwischen nicht zum Heimatdepot zurückkehren. An den Zwischen- oder Endzielen der Kunden wurden zwei Arten von Stopps als zentral für den Betrieb genannt: Wartezeiten und Be- bzw. Entladezeiten. Die Befragten erklärten, dass es ideal wäre, während des Wartens auf den Beginn der Be- oder Entladung den Lkw aufzuladen. Wartezeiten können als Pausenzeiten angerechnet werden, im Gegensatz zum eigentlichen Ladevorgang, der nach den aktuellen Rahmenbedingungen als Arbeitszeit für den Fahrer zählt. Das Aufladen während dieser Zeit würde daher die etablierten Pausenmuster nicht stören, sondern wäre vielmehr eine effiziente Verlängerung. Die Befragten stellen jedoch fest, dass die Wartezeiten sehr unterschiedlich sind und sich nicht ohne Weiteres im Voraus planen lassen. Als wesentlichen Engpass für das Laden beim Kunden nannten die Befragten die Abhängigkeit von der Bereitschaft des Kunden, Ladeinfrastruktur aufzubauen.

Gibt es weitere Faktoren, die das Engagement von Logistikunternehmen bei der Flottenelektrifizierung motivieren?

Wahrgenommener externer Druck und Image

Die Unternehmen, die bisher batterieelektrische Lkw bestellt haben, sind diejenigen mit größeren Fahrzeugflotten. Diese Unternehmen scheinen die BET-Aktivitäten ihrer Konkurrenten wahrzunehmen, verspüren aber noch keinen Handlungsdruck, der sich direkt aus diesen Aktivitäten ergibt. Unternehmen mit großen und mittelgroßen Fuhrparks nehmen jedoch in gewissem Maße die Erwartungen der Kunden in Bezug auf den Kauf von BET wahr. Alle Unternehmen sind der Ansicht, dass BETs in der Branche eine Rolle spielen und das innovative Image eines Unternehmens verbessern, und zwar stärker als das Umweltimage und das Ansehen bei den Fahrern. Die persönliche Motivation des Entscheidungsträgers im Logistikunternehmen wurde ebenfalls als potenzieller Schlüsselfaktor für die Aneignung von Wissen und das Vorantreiben der Elektrifizierung in der derzeitigen Übergangsphase identifiziert.

Warten auf ein umfassendes Elektrifizierungsangebot und die entsprechenden Stromnetzanschlüsse

Ein Befragter erklärte, dass man derzeit auf große, skalierbare Lösungen warte, die es ermöglichen würden, eine große Anzahl von Fahrzeugen sofort zu laden, indem man die notwendigen Anforderungen an den Stromnetzanschluss an die Mittelspannung, die Stromerzeugung und die Speicherung kombiniert. Auch das Fehlen einer geeigneten Anschlussleistung ihres Energieversorgers am Logistikstandort wurde von den bereits aktiven Logistikunternehmen als wesentlicher Engpass genannt.

Politische Maßnahmen als Anreize

Schließlich wurden auch regulatorische Anforderungen als ein wichtiger Motivator genannt. Einerseits verpflichten die Vorschriften auf EU-Ebene die Hersteller, mehr Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen im Schwerlastbereich zu verkaufen - eine Anforderung, die die Logistikunternehmen beachten, da sie diese Fahrzeuge betreiben werden. Andererseits wurden Vorschriften auf lokaler Ebene genannt, bei denen Elektrofahrzeuge z. B. Lärmschutzbestimmungen für Lieferungen in Städten einhalten müssen.

Link zum Working Paper: 10.24406/publica-2615